Das Goethe-und-Schiller-Denkmal, das seit 1857 vor dem Hoftheater, dem heutigen Deutschen Nationaltheater, auf dem Theaterplatz in Weimar steht, ist in der Sockelinschrift dem „Dichterpaar Goethe und Schiller“ zugeeignet. Das bronzene Doppelstandbild des Dresdner Bildhauers Ernst Rietschel (1804-1861) zeigt die beiden Dichter nebeneinander stehend. Die Gestalt des älteren Goethe zur Rechten trägt einen Hoffrack. Das linke Bein, das an einem Eichenstamm lehnt, ist nach vorne hin ausgestellt, während das rechte Bein etwas zurückversetzt ist. Goethes Blick ist gravitätisch. In der rechten Hand hält er einen Lorbeerkranz, die linke Hand ruht auf Schillers Schulter. Die Figur Schillers, jugendlich dargestellt, im langen Gehrock mit teils offener, überschlagener Weste, den Blick sehnsuchtsvoll in die Ferne gerichtet, nimmt die gleiche Standposition ein wie Goethe. In seiner linken Hand hält Schiller eine Schriftrolle und greift mit der rechten, nahezu abwesend, den Lorbeerkranz, den Goethe ihm entgegenzuhalten scheint.
Das Denkmal drückt das bis heute fest etablierte Bild dieser beiden Genien deutschen Geistes aus: eine Freundschaft auf Augenhöhe, die sich wechselseitig befruchtet und stützt. Ein Komplement, dessen Einmaligkeit der Staat viel zu verdanken hat. Symbol dafür ist die deutsche Eiche, an der die Figur Goethes lehnt. Die Eiche verbindet sich wie kein anderer Baum mit der deutschen Geschichte. Aufgrund ihrer Robustheit wurde sie zum Symbol für Treue und Standfestigkeit: Eigenschaften, die sich auch militärisch und national als deutsche Tugenden fruchtbar machen ließen. Mit der Reichsgründung 1871 im Spiegelsaal von Versailles wurde die Eiche offiziell zu einem Nationalsymbol erhoben. In dem dargestellten Eichenstamm drückt sich somit die Beziehung der beiden Dichter zueinander aus, zugleich wird jedoch auch ihre Bedeutung für den deutschen Nationalstaat und die deutsche Geistesgeschichte hervorgehoben.
Die Darstellung sucht sämtliche Dissonanzen in der Beziehung Goethes und Schillers zu retuschieren: Obwohl Schiller wesentlich größer war als Goethe, wurde die Größe der beiden Männer hier angeglichen. Im Verhältnis zu Schiller verbot es sich, den ‚Dichterfürsten‘ kleiner darzustellen. Um die Diskrepanz zwischen der Körpergröße Goethes und seiner kulturhistorischen Bedeutung aufzuheben, wurden die beiden Dichter als gleich groß dargestellt. Dennoch wird der Darstellung mit dem Lorbeerkranz ein Hierarchisierungselement hinzugefügt: erscheinen hier doch nicht beide Dichter als lorbeerbekränzt. Vielmehr ist es Goethe, der Schiller in einem Akt der Teilhabe und Anerkennung den Lorbeerkranz hinzureichen scheint. Die bestehende Konkurrenzsituation wird somit ebenfalls freundschaftlich gelöst.
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Die Anfänge des Dichterbundes