Rilke erarbeitete eine besondere Art des Symbolismus, er wollte in seinen Gedichten keine Gefühle zum Ausdruck bringen, sondern seine Erfahrungen. Gleich zu Beginn seiner "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge", seinem einzigen Roman, der eindeutig stark autobiographische Züge aufweist, beschreibt er Ziel und Motiv seines Schaffens mit folgenden Worten: "Denn Verse sind nicht, wie die Leute meinen, Gefühle (die hat man früh genug), - es sind Erfahrungen."
Er möchte das Wesen aller Dinge erfassen, er will keine zufälligen Wahrnehmungen skizzieren, sondern will die Dinge und Erscheinungen klar und unmissverständlich für sich selbst sprechen lassen. Er hat den Begriff der "Dinggedichte" geprägt, in denen er die Dinge aus jeglicher Zufälligkeit der Wahrnehmung befreit, keine Unklarheiten zulässt.
Dieser imaginative Symbolismus wird zu Rilkes Programm, um die Dinge aus ihrer alltäglichen Umklammerung zu lösen. Dinge und Erscheinungen sollen durch seine Worte ewige und allgemeine Gültigkeit erlangen.
"Das Ding ist bestimmt, das Kunst-Ding muss noch bestimmter sein; von allem Zufall fortgenommen, jeder Unklarheit entrückt, der Zeit enthoben und dem Raum gegeben, ist es dauernd geworden, fähig zur Ewigkeit." schreibt Rilke 1903 in einem Brief.
Was Rilke ausdrücken wollte, waren von Emotionen ausgelöste Bewusstseinszustände, die sich entwickelt haben. Gefühle, die nicht nur als spontane Wahrnehmung in einen Menschen gedrungen sind, sondern eine Veränderung, bzw. eine Entwicklung bewirkt haben, eine positive Entwicklung, die einem seinem Ziel näher brachte, näher zu sich selbst.
Durch allgemein bekannte Bilder von Dingen und Natur wollte er diese Erfahrungen veranschaulichen, ihre Logik vermitteln und sie so für den Außenstehenden zugänglich machen. Der Panther, dieses furchtein- flößende Raubtier, von dem jeder weiß, wie gefährlich es ist, welche Kraft ihm seine natürlichen Instinkte verleihen, ist hilflos und eingesperrt in seinem Käfig. Die Besucher des Zoos sehen zwar ein gefährliches Raubtier, aber da sie wissen, dass er eingesperrt ist, haben sie weniger Angst vor ihm, sie ist ihnen aber dennoch bewusst. Und genauso sieht sich auch der Panther:
Manchmal flackert in seinen Augen noch der naturgegebene Jagdtrieb auf, er verleugnet ihn nicht, doch er weiß, dass er ihm in seinem Käfig nichts nützt, dass er ihn nicht braucht. Die Erfahrung hintern den Gitterstäben des Käfigs hat es ihn gelehrt.
Der Panther als Symbol für Kräfte und Fähigkeiten, die durch äußere Umstände (den Käfig) und das eigene Leben (das Leben im Käfig) nutzlos geworden sind. In dem Gedicht "Der Panther", geschrieben 1903, geht es um einen gefangenen Panther und dessen Existenz in einem Käfig.
Weblink:
Rilkes Symbolismus - www.rilke-gedichte.de