Er war einer der streitbarsten und eloquentesten Literaturkritiker des Landes. Nun ist Fritz J. Raddatz im Alter von 83 Jahren gestorben. Der Verlags- und Feuilletonchef hat das Feuilleton dieses Landes mit seiner geistigen Brillianz bereichert und dabei wesentlich geprägt. Raddatz schrieb mehrere Romane und gilt als Entdecker einiger berühmter Schriftsteller.
Fritz J. Raddatz war ein legendärer und begnadeter Feuilletonist und Großkritiker, der intellektuelle Schärfe stets mit seinem Willen zur Eleganz und Eitelkeit auf das Beste zu paaren wusste. Raddatz war nicht nur eine brilliante Geistesgröße, sondern er polarisierte auch in der Medienlandschaft. Legendär ist auch sein Hang zur Eitelkeit, der nicht nur das Feuilleton ungemein bereicherte, sondern ihn auch verletzlich machte. Im Kulturbetrieb diese Landes wirkte er eher wie ein Unruhestifter.
Fritz J. Raddatz wurde nach dem Krieg fast vom Schulhof weg Journalist, Lektor, Kultur im "besseren Deutschland", das er wie der etwas jüngere Wolf Biermann in Ost-Berlin vorzufinden glaubt. Er war ehrgeizig und tatendurstig und scheiterte doch an den vorherrschenden Alt-Kommunisten, ging schließlich 1958 in den Westen, wo sein atemberaubender Aufstieg im Kulturbetrieb begann.
Berühmt wurde der Intellektuelle Fritz J. Raddatz vor allem als Feuilletonchef der Wochenzeitschrift "DIE ZEIT". Kaum eine Geistesgröße hat soviel Einfluss auf das Feuilleton ausgeübt. Raddatz hat in seinen acht Jahren als Feuilletonchef der "Zeit" das literarisch-politische Feuilleton neu erfunden - er hat das Feuilleton politisiert.
Nach mehr als 60 Jahren 2014 beendete der Literaturkritiker und Publizist Fritz J. Raddatz seine journalistische Tätigkeit. "Ich habe mich überlebt", schrieb er lakonisch in einem Beitrag für die Tageszeitung "Die Welt".
"Meine ästhetischen Kriterien sind veraltet, das Besteck des Diagnostikers rostet, meine Gierfreude am Schönen der Kunst ist zu Asche geworden, der gefiederte Pegasus, mit dem ich durch Bild und Text galoppierte, lahmt", begründete Raddatz seinen Abschied von der "Zeitungsarbeit" und schloss mit den Worten: "Time to say goodbye."
Als hätte er es mit einem Hauch von Vorahnung gewusst. Nun ist dieser brilliante Kopf und streitbare Geist mit 83 Jahren gestorben - seine Stimme ist verstummt.
Weblinks:
Tagebücher 1982-2001 von Fritz J. Raddatz
Unruhestifter: Erinnerungen von Fritz J. Raddatz
»Time to say goodbye« - Nun ist dieser schillernde Paradiesvogel des Kulturbetriebes tot, dieser bunte Papagei kann nicht mehr plappern noch plaudern. Nun haben die Nachplapperer das Wort, die ihm allerdings wenig schmeicheln werden.
AntwortenLöschenDie Nachrufe auf den "Fritze" werden triefen vor Bigotterie und Verlogenheit. Die Adjektive »umstritten« oder »streitbar« werden Hochkonjunktur haben - Euphemismen, die zumeist von Leuten benutzt werden, die entweder keine Ahnung haben oder Pharisäer sind.
Man wird seine Tucholsky-Arbeit loben, seine gelungenen Biografien lobend erwähnen, die Erfindung der »rororo«-Reihe herausstellen, seine zahlreichen Interviews preisen. Vielleicht sogar sein Romanwerk entdecken.
Eines wird bei seinen Nachrufen unterbleiben: Die Aufzählung seiner Preise. Es sind nur zwei – einer aus Frankreich und dann 2010 der Hildegard-von-Bingen-Preis. Friz J. Raddatz hat das gekränkt. Dabei hätte es ihn eigentlich stolz machen müssen.